Jede gesunde Hündin kann mit jedem Rüden Welpen machen… Das ist aber keine Zucht. Zucht bedeutet sorgfältige Planung der Partner, um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen.

Colliewelpen in Korb

Die Motivationen der Züchter sind vielfältig:

  • Ausstellungserfolge
  • Sportliche Erfolge
  • Belastbare Familienhunde
  • Rein kommerzielles Interesse

In jedem Fall muss der Züchter genau wissen, welches Ziel er verfolgt. Er muss seine Rasse, deren Vorzüge und Probleme in und auswendig kennen. Zucht erfordert Zeit, Interesse, Aufwand und nicht zuletzt eine gesunde finanzielle Grundlage. Hundezucht ist ein teures Hobby, das nur im besten Fall durch die Welpenverkäufe finanziert werden kann, es sei denn man produziert rein gewinnorientiert. 

Papiere ja oder nein?

Wer ernsthaft seinen Beitrag zur Rasse leisten möchte, damit auch nachfolgende Generationen in den Genuss eines guten Rassehundes kommen, muss mit Papieren züchten. Darunter versteht man die Ahnentafeln, die von den Zuchtvereinen ausgestellt werden und die Abstammung eines Hundes dokumentieren. Voraussetzung für die Ausstellung solcher Ahnentafeln ist die Erfüllung der von den Vereinen aufgestellten Zuchtanforderungen, z.B. Aufzuchtbedingungen, Ausstellungsbewertungen, Gentests, Wesenstests usw. um ein hohes Qualitätsniveau zu garantieren. Aber das ist alles nicht so einfach, denn die Frage des Zuchtvereins ist nirgendwo so verwirrend wie in Deutschland. Deshalb ein kurzer Rückblick in die Historie der Rassehundezucht und die in Deutschland im Besonderen.

Beginn der Rassehundezucht

Rassehundezucht, wie wir sie heute betreiben, nahm ihren Anfang in Großbritannien Mitte des 19. Jahrhunderts. Ausstellungen, die die Qualität der gezüchteten Hunde bewerteten und deren finanziellen Wert bestimmten, waren Ausgangsbasis der Rassehundezucht. War das Halten von reinrassigen Hunden bislang den wohlhabenden Großgrundbesitzern vorbehalten – meist Jagdhunde – entwickelte sich mit der Industrialisierung eine wohlhabende Mittelschicht, für die ein Rassehund zum Prestigeobjekt wurde, das man sich gerne etwas kosten ließ. 

Um die Reinrassigkeit zu dokumentieren, brauchten die Hunde einen Abstammungsnachweis. Diesen zu dokumentieren und nachvollziehbar zu machen war Zweck des 1873 gegründeten Kennel Club in England, der Hunde, die sich auf Shows qualifizierten, in ein Register aufnahm und letztendlich nur Nachkommen von Hunden eintrug, die bereits beim Kennel Club registriert waren. Das Interesse der Rassehundezucht weitete sich rasch über Europa und Amerika aus und Vereine wurden nach Vorbild des Kennel Club gegründet, um Register/Zuchtbücher reinrassiger Hunde auf nationaler Basis zu führen. 

Der American Kennel Club entstand 1884 und entwickelte sich zum größten nationalen Hundezuchtverband. Ein ebenfalls sehr alter Zuchtverband in den USA ist der United Kennel Club, der aber nicht von der FCI anerkannt ist.

FCI – Federation Cynologique Internationale

Nationale Zuchtverbände und zahlreiche Rassezuchtvereine betreuten die Rassehundezucht. Jeder hatte so seine eigenen Vorstellungen und es wurde schnell klar, dass man eine übergeordnete Institution brauchte, die regelte, dass ein Bernhardiner überall in Europa aussieht wie ein Bernhardiner. Bei dieser Rasse z.B. hatte man in England andere Rassen eingekreuzt und bevorzugte einen schweren Hund, was den Schweizern gar nicht gefiel. 1911 wurde die FCI gegründet, der sich einige Nationalverbände anschlossen. Seitdem gilt nur das Mutterland einer Rasse als bestimmend für die Belange der nationalen Rassen, insbesondere dem Rassestandard, nach dem auf Ausstellungen bewertet wird. 

Die FCI ist heute der größte internationale Dachverband der Welt und koordiniert Ausstellungen, Zucht und Sport. Pro Land darf nur ein nationaler Dachverband Mitglied sein. Dies ist in Deutschland der VDH. Der AKC und Kennel Club sind nicht Mitglied, werden aber voll anerkannt.

Ausnahmesituation für Deutschland

In Deutschland gab es mehrere Collieclubs, Dachverbände etc., 1936 überführte die Regierung die Hundezucht in den Reichszuchtverband. Nach dem Krieg standen die deutschen Hundezüchter vor dem Nichts. Unterlagen über die Zucht konnten oft nur teilweise in Privathand über den Krieg hinweggerettet werden. Es galt 1945 die Rassehundezucht neu zu organisieren. Man kann sich nur wundern, dass man damals überhaupt noch Sinn für die Hundezucht hatte! 1949 wurde der Vorläufer des Clubs für Britische Hütehunde gegründet, 1988 der Deutsche Collieclub (DCC). Um die Rassehundezucht zu koordinieren, wurde 1949 der Verband für das Deutsche Hundewesen e.V. gegründet.

Andere Vereine

Allerdings schlossen sich damals nicht alle Züchter dem neuen Dachverband VDH an. So haben wir in Deutschland eine Situation, die man so in anderen Ländern nicht kennt. Es gibt heute ein paar Collievereine und sehr viele Züchter, die nicht in dem VDH angeschlossenen sind. Die Qualität und die Umsetzung der Zuchtregeln dieser Vereine sind sehr unterschiedlich. Sie alle stellen „Papiere“ aus. 

Der Punkt aber ist, dass für eine Weiterführung der Rasse die Zucht anhand von Zuchtbüchern nur im VDH lückenlos bis in die Anfänge der Rasse nachvollzogen werden kann. Nur so hat der Züchter die Möglichkeit die Qualität der Vorfahren seiner Hunde einzuschätzen. Und nur Hunde mit FCI-anerkannten Abstammungsnachweisen können so zum Genpool der Rasse – und zwar auf internationaler Ebene – beitragen. Das ist der wichtigste Aspekt und mir tut es um jeden schönen, gesunden Collie leid, der der Rasse verloren geht, weil er nicht die „richtigen“ Papiere hat.

Register von Hunden ohne FCI-Papiere

Die VDH-Vereine müssen lt. Gerichtsbeschluß ein Register führen, in das Hunde ohne FCI-Abstammungsnachweis aufgenommen werden können. Die Zuchtzulassung obliegt jedoch den Vereinen. Die Möglichkeit der Einbeziehung registrierter Hunde in den Genpool spielt derzeit in den beiden deutschen Collievereinen im VDH keine Rolle. 

In den anderen Ländern gab es diesen Einbruch durch den Krieg nicht. Dort haben die Nationalverbände weiterhin die Zuchtverantwortung, die Rassevereine sind lediglich soziale Zusammenschlüsse, die keine Ahnentafeln ausstellen und wenig Einfluss auf das Zuchtreglement haben, wenn es denn eines gibt.

Verband für das Deutsche Hundewesen

In Deutschland fanden sich nach dem Krieg die einzelnen Clubs und Züchter zusammen und gründeten 1949 den Verband für das Deutsche Hundewesen, der Mitglied der FCI wurde. Da die Vereine damit ihren eigenen Dachverband gegründet hatten, bestimmen sie als Mitglieder alle Entscheidungen dieses Dachverbands. Die Vereine würden niemals Maßnahmen zustimmen, die ihre Eigenbestimmung schmälern, insbesondere was die Zucht angeht. Damit nimmt Deutschland eine Sonderstellung in der Welt ein. Nirgendwo sonst gibt es das. 

Rassezuchtvereine im VDH

Die Rassezuchtvereine führen ihre eigenen Zuchtbücher und bestimmen und kontrollieren im Rahmen allgemein gültiger VDH-Rahmenbestimmungen alle Belange der Zucht. Das hat Vor-und Nachteile. Der Vorteil ist als Züchter mit der Zugehörigkeit zu einem solchen Verein eine gute Betreuung zu bekommen, aber da alle Funktionäre gewählt werden, spielen menschliche Schwächen in der Vereinspolitik eine große Rolle. Viel zu oft steht weniger das Wohl der Rasse im Vordergrund, sondern persönliche Interessen, das eigene Ego und zwischenmenschliche Beziehungen. Es gibt Vereine, die hervorragende Arbeit leisten – aber leider auch viel Vereinsmeierei.

Warum sollte es auf so kleiner, im Grunde unwichtiger Ebene – anders sein als in der hohen Politik? Menschen eben… Auch wollen die meisten nicht mehr etwas verändern, mitarbeiten, sich für die Sache stark machen… . Heute verlangt man für seinen Beitrag Service von ehrenamtlichen Mitarbeitern anstatt sich selbst einzubringen. Eine Entwicklung, mit der das gesamte Vereinswesen in Deutschland zu kämpfen hat.

Zuchtbücher – Markenzeichen des VDH

Da die Zuchtbücher eine zentrale Rolle in der Hundezucht spielen, sollten sie allen Interessierten zur Einsicht offenstehen. Bis vor wenigen Jahren mussten sie in Buchform erstellt werden, die jedermann kaufen konnte. Im Zuge der Digitalisierung konnte man sie von den Webseiten der Vereine herunterladen und ausdrucken. Inzwischen sind sie nur noch von Mitgliedern einsehbar – angeblich aus Datenschutzgründen. Damit verlieren die VDH-Vereine meiner Meinung nach den großen Vorteil gegenüber den nicht VDH-angeschlossenen Vereinen, die ihre Daten noch nie preisgegeben haben.

Ob man nun gewisse Schwerpunkte bezüglich seines Zuchtziels verfolgt, im Vordergrund muss der gesunde, belastbare und wesensfeste Collie stehen. 

Umdenken in der Rassehundezucht

Der Collie gehört zu den Rassen mit dem höchsten Inzuchtgrad. Heute reicht es nicht mehr, sich anhand von Ausstellungserfolgen oder eines bestimmten, sich gerade im Trend befindlichen Typs zu orientieren, sondern heute stehen die Erkenntnisse und Möglichkeiten moderner Genetik im Vordergrund. Man kann auf Erbkrankheiten testen und den genetischen Inzuchtgrad ermitteln. Damit hat der Züchter wertvolle Tools an der Hand, um gesunde, belastbare Hunde zu züchten.

Sorgfältig überlegen

Ehe Sie sich mit Zuchtgedanken tragen, wenden Sie sich an die Rassehundezuchtvereine. Machen Sie sich mit den Zuchtordnungen des DCC und des Clubs für Britische Hütehunde vertraut und stellen sicher, dass Ihr Umfeld den gesetzlichen Anforderungen für eine Hundezucht entspricht und denken Sie daran, dass Sie vom Käufer für Mängel der Welpen haftbar gemacht werden können.

Schauen Sie, wo Sie sich regional gut aufgehoben und beraten fühlen. Nutzen Sie die Schulungsmöglichkeiten der Vereine. Lernen Sie auf Ausstellungen und anderen Veranstaltungen möglichst viele Hunde und deren Menschen kennen, um für sich eine Vorstellung zu bilden, was ein Collie, der einmal Ihren Züchternamen tragen wird, darstellen soll. Nehmen Sie sich die Zeit, intensiv Collie zu studieren. Es macht sehr viel Spaß!

Entscheiden Sie dann, ob Ihre Hündin überhaupt einen wertvollen Beitrag zur Rasse leisten kann oder einfach nur Ihr Liebling bleiben sollte. Denken Sie an die große Verantwortung gegenüber Ihrer Hündin, den Welpen und der Welpenkäufer, die Ihnen vertrauen. Denken Sie aber auch daran, dass die Rasse verantwortungsvolle Züchter braucht, damit sich kommende Generationen noch am Collie erfreuen können! Wer den Aufwand scheut, überlässt die Rasse den kommerziellen, profitorientierten Vermehrern!

Entscheiden Sie sich FÜR die Zucht, wird die Aufzucht eines Wurfes – wenn alles gut geht – ein wunderbares Erlebnis, das nicht selten süchtig nach mehr macht! 

Einen wunderbaren und wichtigen Beitrag zum Thema lesen Sie unter: Bedeutung und Aussagewert einer Ahnentafel.