Outcross Projekt – was ist das?
Nach 150 Jahren Reinzucht in geschlossenen Zuchtbüchern, praktisch ohne Zufuhr frischer Gene, machen sich die Nachteile bemerkbar. Merkmale, die inzwischen übertrieben und in manchen Fällen tierschutzrelevant sind, können innerhalb der Rasse züchterisch gar nicht mehr rückgängig gemacht werden, weil es keine Alternativen gibt – die Probleme sind reinerbig fest in der gesamten Population verankert.
Inzuchtdepression
Beim Collie beobachten wir starken Rückgang beim Durchschnitt der geborenen Welpen im Vergleich zu den 1960 Jahren – von ca. 8 auf 5, das ist genetisch gesehen enorm. Ein hoher Prozentsatz der gedeckten Hündinnen bleibt leer. Und einen Deckrüden zu finden ist gar nicht so einfach, denn viele decken nicht oder sind unfruchtbar. Oftmals ist ein Rüde oft genutzt nur weil man sicher sein kann, dass er deckt und fruchtbar ist. Wie oft höre ich, dass Züchter den Welpen nach der Geburt helfen müssen, bis sie zuverlässig saugen. Das alles sind Zeichen einer Inzuchtdepression.
Augenscheinlich keine Inzucht
Leider ist es so, dass auch Verpaarungen, die auf dem Papier als nicht verwandt erscheinen, einen sehr hohen genetischen Inzuchtkoeffizienten zeigen und erst der Blick in 10 Generationen offenlegt, wie eng die Vorfahren miteinander verwandt sind. Ganz klar ist ein Umdenken in der Rassehundezucht nötig.
Einsicht der Dachverbände
Die FCI (Allgemeine und rassespezifische Richtlinien für das Auskreuzen von Rassen und Rassevarietäten) und der VDH stehen Auskreuzungsprojekten positiv gegenüber, aber leider obliegt es in Deutschland den einzelnen Rassezuchtvereinen die Initiative zu ergreifen. Da man sich schon sehr schwer tut über eine Zulassung der Verpaarung Kurzhaar-Langhaar Collie nachzudenken, macht es gar keinen Sinn weiterführende Gedanken überhaupt einzubringen.
Der VDH tut in seinen Informationsveranstaltungen (VDH Akademie April 2025), was er kann, um solche Programme in sinnvollen und wissenschaftlich begleiteten Zuchtstrategien vorzustellen.
Im Ausland offener
Im Ausland steht man dem offener gegenüber, so in Skandinavien. Dort haben allerdings die Dachverbände und nicht die Rasseclubs das Sagen. Auch der britische Kennel Club ist offen, sagt aber, wenn die Zuchtvereine nicht mitziehen, hat es keinen Zweck den einzelnen Züchter zu unterstützen, da ein breites Engagement für eine echte Verbesserung der gesamten Rasse nötig ist.
So lange aber jeweils die Beurteilung auf einer Ausstellung mit dem Ziel von Championtiteln den Vorrang in einer Züchtergemeinschaft hat, so lange ist man nicht bereit, sich auf ein paar wenige Generationen einzulassen, die vielleicht vom Standard abweichen, dafür neue Gene einbringen, die der Gesundheit, Fortpflanzung und ausgeglichenem Nervenkostüm dienen. Den „Typ“ – was immer auch jeder für sich darunter versteht – hat man nach kürzester Zeit wieder zurückgewonnen, wie die Beispiele zeigen.
Keine Mischlinge – keine neuen Rassen
Outcross-Projekte sind keine Mischlingsproduktion! Sie sollen auch keine neue Rasse ergeben. Sie dienen dem Erhalt und der Förderung einer Rasse! Sie haben nichts mit Designer-Dogs zu tun. Jeder geeignete Hund, der im Rahmen eines solchen Projektes geboren wird, sollte auch wieder in das Projekt einfließen, sprich zur Zucht eingesetzt werden. Es soll keine Welpenproduktion für den Liebhabermarkt sein, sondern der Käufer sollte wissen, dass sein Hund möglicherweise ein wichtiger Baustein ist und ihn auch für das neue Haus zur Verfügung stellen. Das setzt natürlich eine optimale Betreuung durch die Rassezuchtvereine voraus, um diesen Menschen eben diesen einen Wurf oder Deckakt schmackhaft zu machen und den Aufwand so gering wie möglich zu gestalten.
Outcross im VDH
Ein Rassezuchtverein kann ein Auskreuzungsprojekt beim VDH beantragen. Gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Beirat wird eine Strategie entwickelt. Für einige Rassen konnten bereits Auskreuzungsprogramme freigegeben werden. Erst kürzlich für den Silken Windsprite die Einkreuzung der Ausgangsrassen Whippet und Sheltie.
Wir stellen folgende Projekte vor:
Continental Bulldog – der Not gehorchend wurde aus Auskreuzungsprojekt begonnen, mangels Einsicht der Rassezüchter wurde schließlich eine eigene Rasse daraus
Leonberger – Beispiel für ein Auskreuzungsprojekt auf internationaler Ebene, hier arbeiten Rassezuchtvereine und Wissenschaft Hand in Hand – hier war der Leidensdruck entsprechend hoch.
Kromfohrländer – eine fantastische Erfolgsgeschichte zum Wohle der Hunde und ihrer Menschen, leider nicht unterstützt vom Rassezuchtverband im VDH – und das ist inzwischen gar nicht mehr angestrebt.
Collie – Welsh Sheepdog – Zurück zu einer Ausgangsrasse für mehr Diversität. Begonnen hat das Projekt vor einigen Jahren in England unter dem Namen Yorkshire Tofty, 2024 gab es den ersten Wurf Collie-Welsh Sheepdog in Deutschland bei Clavonen Collies. Beide Zuchten sind Privatinitiativen außerhalb der Zuchtverbände. Welsh Sheepdog – eine Ausgangsrasse des Collie.
Collie – Deutscher Schäferhund – eine erfahrene Colliezüchterin hat sich zu diesem Schritt entschieden und ist aus dem VDH-Verein ausgetreten. Ihre Collies waren im In-und Ausland beliebt bei Menschen, die einen sportlichen, belastbaren Hund suchten und nicht dem Trend folgten.