Während des Krieges wurde in England jegliche Hundezucht ausgesetzt. Mrs. George, Beulah’s Collies, schickte wertvolle Zuchttiere in die USA in Sicherheit, sie ahnte nicht, dass sie bis Kriegsende für ihre Weiterzucht zu alt werden würden. So gingen viele Zuchten unter und Zuchttiere verloren. Es fand das statt, was die Genetiker als „Flaschenhals“ bezeichnen. Nur ein kleiner Teil des Genpools hatte den ohnehin von Anfang an durch starke Inzucht eingeschränkten Genpool überlebt. 

Ch. Beulahs Silver Don Mario
Ch. Beulahs Silver Don Mario – geboren 1938 – ging in die USA in den St. Adrian-Zwinger

Als sich die Rasse in ihrer Heimat vom Krieg allmählich erholte, wurde der Qualitätsunterschied zwischen englischen und deutschen Collies immer deutlicher. Da viele Hunde in Deutschland für militärische Zwecke benötigt wurden, wurde hier die Zucht selbst nicht eingeschränkt, und einige Züchter retteten ihr Hobby über die schweren Zeiten hinweg. 

Importe aus dem Mutterland

In den 1950er Jahren importierten Schweizer Züchter viele Collies aus England. Deren Nachzucht war in Deutschland begehrt.

Cherry vom Birkenwald, geboren 1952 und seine Halbschwester Deliane vom Birkenwald geboren 1953
Cherry vom Birkenwald, geboren 1952, und vorne seine Halbschwester Deliane vom Birkenwald, geb. 1953 – einflußreiche Hunde ihrer Zeit

In den 1960er Jahren wurden auch nach Deutschland viele Hunde aus England importiert, um Anschluss an den englischen Typ zu finden – weg vom „alten deutschen Typ“ der Vorkriegszeit. Fast jeder englische Collie wurde auf Schauen besser bewertet als der beste in Deutschland gezüchtete Hund. Mit wachsendem Wohlstand und großer Beliebtheit der Rasse durch Lassie wuchs das Interesse an Zucht und Ausstellung. Der Lassie-Boom garantierte den Welpenabsatz. 

Collie Bundessieger Ferro vom Birkenwald
Bsgr. Ferro vom Birkenwald – geboren 1954 – ein begehrter Zuchtrüde. Von 1956 bis 1963 wurden nach ihm 79 Würfe eingetragen

1960er und 1970er Jahre

In den 1960er und 1970er Jahren kamen einige Importe, die die Rasse hierzulande prägten. 

Damals kamen auch die ersten Hunde aus den USA zur Blutauffrischung, vor allem um gravierenden Wesensmängeln wie übertriebener Ängstlichkeit und Nervenschwäche entgegenzuwirken. 

Eine neue Generation an Colliezüchtern war in Deutschland herangewachsen. Die meisten sprachen inzwischen Englisch, Reisen wurde einfacher und die unabhängige deutsche Fachzeitschrift „Collie Revue“ brachte den deutschen Züchtern die englische und internationale Szene näher und ermöglichte, mehr über die Rasse zu lernen. Die deutsche Colliezucht konnte mit den besten Collies Europas konkurrieren.

1980er Jahre

In den 1980er Jahren verbesserte sich die Wesenssituation generell aufgrund der positiven Entwicklung in Großbritannien. 

1990er Jahre bis heute

In den späten 1990er Jahren verzeichnete die britische und folglich auch europäische Colliezucht einen starken Trend hin zu immer kleineren, quadratischen, untypisch spitzartig behaarten, sehr viel pflegeintensiveren Hunden, deren Kopf im Plüsch versinkt, mit für Hütehunde untypischen Bewegungsabläufen und auf dem Rücken getragenen Ringelruten – allesamt schwere Standardfehler, ja anatomische Mängel, die leider viele Richter ignorieren und sogar belohnen, indem solche Hunde Spitzenplätze gewinnen. Hinzu kommt eine bei vielen Hunden zu beobachtende geringere nervliche Belastbarkeit. 

Englischer Showcollie – sportlicher Collie – klassischer Collie 

Einige wenige Richter wagen es, die „modernen“ untypischen Hunde nicht zu bevorzugen, werden aber trotz hoher Meldezahlen eher selten eingeladen. Inzwischen sind die Richter in Deutschland angehalten, sich an die Breed Specific Instructions (BSI) des VDH zu halten  und an den VDH Bericht zu erstatten. Die BSI wurden für bestimmte Rassen aufgestellt, um negativen Trends entgegen zu wirken. Für den Collie lauten diese für Lang-und Kurzhaar:

Achten Sie insbesondere auf folgende Bereiche:

Verhalten: übermäßige Ängstlichkeit

Fang: Schmaler Unterkiefer, Fangzahn-Engstand und andere schwerwiegende Fehlstellungen der Fangzähne.

Augen: sehr kleine tief liegende Augen

Bewegung: Relativ ineffiziente Trabaktion

Ein Collie soll freundlich veranlagt sein, ohne jegliche Spur von Nervosität oder Aggressivität und sich besonders gut als Begleithund eignen. Er sollte normal entwickelte Kiefer und Zähne aufweisen. Mittelgroße Augen mit einem lieblichen Ausdruck sind eines der wichtigen Merkmale. Fließenden Bewegungsabläufen mit starkem Schub kommt eine hohe Bedeutung zu.

Leider fruchten diese Maßnahmen nicht, nach wie vor gilt ein viel zu kleines Auge als „süß“, das Fell ist für den normalen Hundehalter fast nicht mehr zu managen und die Bewegungsabläufe gelten schon als ausreichend für ein Siegertier, wenn es sich nur zügig voran bewegt. 

Das führt leider dazu, dass wir Züchter haben, die vor allem den Ausstellungserfolg suchen und daher den Trends folgen. Ausstellen und Hunde zu Championtiteln zu führen ist ein ganz spezielles Hobby. 

Einige bezeichnen ihre Hunde als „klassische Collies“ und meinen damit den Typ der 1980er Jahre, der dem Standard sehr nahekommt. Es gibt Richter, die ihn zu schätzen wissen und solche Hunde würdigen. 

Andere Züchter suchen besonders für den Sport geeignete Hunde, und wieder andere sehen ihr Zuchtziel im alltagstauglichen Familienbegleiter. Sie geben sich damit zufrieden, auf Ausstellungen lediglich die Mindestanforderungen für die Zuchtzulassung zu erreichen. 

Ausblick in die Zukunft

Die Rassehundezucht ist in Bewegung. Dank der modernen Gentechnik wissen wir mehr über die genetische Situation. Ein Umdenken muss erfolgen, nach 150 Jahren Reinzucht mit sehr viel Inzucht muss der Genpool mehr Beachtung finden. Der VDH hat mit der Schulung der Züchter begonnen, Auskreuzungen werden von nationalen Zuchtverbänden durchgeführt, um schwerwiegenden Gendefekten entgegenzuwirken. 

Der Collie gehört zu den am stärksten ingezüchteten Rassen. Die Zukunft kann nicht mehr der Ausstellungserfolg sein, sondern eine  sachkundige Zuchtstrategie, damit sich auch noch künftige Generationen an gesunden, alltagstauglichen und schönen Collies erfreuen dürfen.