Dem Zeitgeist entsprechend experimentierte man mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln – allerdings ohne Kenntnis der Vererbungslehre, die wissenschaftlich noch nicht fundiert war. Man schuf ein Idealbild einer Rasse und züchtete, um es zu erreichen. 

Der ursprüngliche Collie war farblich nicht sehr attraktiv. Die meisten waren schwarz – markenfarbig, mit oder ohne weiße Abzeichen oder wolfsgrau. Erstmals in Birmingham 1871 ausgestellt, war 1868 geborene „Old Cockie“ mit seinem mahagonifarbenen Fell eine sensationelle Erscheinung.

Seine Herkunft blieb bis heute das Geheimnis seines Besitzers, aber der Einfluss des Hundes auf die Rasse war enorm.

Da alles Schottische fast wie ein Markenzeichen gewertet wurde, hielten es geschäftstüchtige Züchter mit der Herkunft ihrer Hunde sicher nicht so genau, und so mancher irische oder walisische Hund wird als urschottisch durchgegangen sein. Dass es sablefarbene Hunde schon vor Old Cockie gab, zeigen Darstellungen aus der Zeit vor den ersten Ausstellungen. Heute noch ist der Welsh Sheepdog lebendiger Beweis für die Existenz dieser wunderschönen Fellfarbe.

Einkreuzungen anderer Rassen war nicht unüblich. Aber die Züchter ließen sich nur ungern in die Karten schauen, um das hohe Ziel der Reinrassigkeit nicht zu gefährden. Aber schon in einem der ersten Standards von 1910 ist „setterrot“ verpönt und man kämpfte gegen schwere, stark belefzte Köpfe mit Hängeohren an. 1950  kamen „Barsoikopf“ und „Ramsnase“ als schwere Fehler dazu. 

Liebling der Society

Der Aufstieg des Langhaar Collies war sensationell. Seine Schönheit und Intelligenz, sein umgängliches Wesen und die Gunst der Könige erhoben ihn zum erklärten Liebling der High Society Großbritanniens. Bedeutende Champions erzielten Preise, die bis dato noch nie für einen Hund bezahlt worden waren. Der 1894 geborene Champion Ormskirk Emerald zum Beispiel wechselte seinen Besitzer für 1300 £ was um die Jahrhundertwende etwa den Wert von 26.000 Goldmark entsprochen haben dürfte, das ganze mal neun wären nach heutigem Wert fast 1/4 Million Euro.

Da auch in den USA alles britisch Royale hoch in Mode stand, erfreuten sich dort die Collies bald großer Beliebtheit. Die wohlhabendsten Amerikaner gaben Unsummen für britische Collies aus. Hundehändler (damals ein ehrbares Gewerbe) und Züchter widmeten sich ausschließlich dem amerikanischen Markt und man kann sagen, dass die Entwicklung der Rasse dem Interesse finanzstarker Amerikaner zu verdanken ist. Leistungsfähigkeit bei der Herde war unwichtig. Nur das Schönheitsideal zählte. Die Siegertiere waren für die Farmarbeit zu groß und schwer, zu lang und fein behaart. Der moderne Langhaar Collie wurde allein zum Zweck des Ausstellungswettbewerbs bei Haltung in riesengroßen Zwingeranlagen, betreut von Personal, geschaffen. Doch auch beim breiten Publikum fand der Collie als Familienbegleiter großen Anklang.

Langhaar Collies in Deutschland

Dank der engen Verbundenheit des deutschen und britischen Adels vor dem 1. Weltkrieg war alles Britische in Deutschland hochmodern. Kurze Zeit nach dem Aufkommen von Hundeausstellungen in England fanden sie auch in Deutschland regelmäßig statt. Englische Züchter stellten ihre besten Hunde aus. Der Langhaar Collie war sowohl in seiner Heimat als auch bei uns ein begehrter Modehund, der um die Jahrhundertwende seine Blütezeit erlebte und die Adelshäuser der Welt beglückte. 

Entstehung der Zuchtvereine

1885 importierte Herr Gebürsch aus Mainz die ersten Collies. 1889 wurde das erste Hundestammbuch veröffentlicht, das Ausstellungsergebnisse enthielt. In Frankfurt wurde 1888 z.B. der berühmte englische Ch. Eclipse (Foto rechts) aus der Zucht von Mr. Bissell und im Besitz von Mr. Krehl,

London, ausgestellt und teilte sich den ersten Preis mit Achmet im Besitz von Max Feer. Zwei Preise gingen an Hündinnen von Mr. Fielding-Kane, London. Der Schweizer Max Feer, Zwinger „Thur“, war einer der führenden Colliezüchter auf dem Kontinent und züchtete mit den besten englischen Blutlinien. Z.B. Ali Baba, Sohn von Ch. Metchley Wonder. Max Feer war 1902 Mitbegründer des Schweizer Collie Club. 

1889 wurde de „Mainzer Collie Club“ unter dem Vorsitz von Herrn Gebürsch, Mainz, gegründet und zwei Jahre später in den „Collie Club“ umgewandet. Allerdings spaltete er sich 1903 in den „Continentalen Collie Club“ und „Verein der Collie-Freunde“ auf. 

Blütezeit der Colliezucht

Die Colliezücht blühte und die Züchter investierten Tausende in englische Zuchthunde. 1895 veranstaltete der Collie Club in Wiesbaden eine erste internationale Ausstellung, wo der berühmte englische Züchter Mr. Ainscough, Parbold Collies, 57 Collies richtete. Auch die folgenden Ausstellungen wurden von führenden englischen Züchtern gerichtet. Auf der 7. Collieschau 1901 in Ohligs erzielte Mr. Stretch, Ormskirk Collies, England, 153 Meldungen. Eine Zahl, von der wir heute in Deutschland nur noch träumen können. Bedenkt man die damalige Verkehrssituation und die Kommunikationsmöglichkeiten so wird diese Zahl noch erstaunlicher. 

Colliezucht zwischen den Kriegen 

Die Beliebtheit des Collies dauerte bis zum 1. Weltkrieg (1914-1918). Der Krieg beendete die gute Beziehung zwischen England und Deutschland und unterbrach alle Hundeaktivitäten. Nur eine Hand voll Züchter rettete ihre Hunde über die schweren Zeiten bis 1931 der Collie Club wieder ins Leben gerufen wurde. Bald folgten die ersten Importe aus den englischen Zwingern wie Laund, Eden, Ashtead und Southport. 

Zu Beginn des 2. Weltkrieges 1939 war der Collie wieder eine respektierte Rasse – nicht gerade in Mode, aber ein ausreichender Zuchtstamm war vorhanden. Collies konnten neben Deutschen Schäferhunden, Boxern usw. erfolgreich im beliebten Schutzhundsport bestehen. Viele erstklassige Zuchthunde hatten Schutzhundprüfungen. 

Aber auch diesmal beendete der Krieg alles. Tausende von Hunden wurden für das Militär eingezogen und kamen nie zu ihren Besitzern zurück. Millionen von Menschen wurde die Existenzgrundlage entzogen. Für Hundezucht war kein Platz. Nur wenige konnten ihre Tiere über die schlechten Zeiten hinwegretten. Drei Jahre nach Kriegsende 1945 rief rief Paul Tischler aus Hamburg, Zwinger von Rübezahl, die Collie-Freunde zusammen und gründete 1948 den „Club der Collie-, Sheltie-und Bobtail-Freunde“, den späteren „Club für Britische Hütehunde“. 1949 wurde der Dachverband VDH – Verband für das Deutsche Hundewesen e.V. – gegründet, dem sich der neue Club anschloss.