Meine Freundin Miechen hat aufgeräumt und dabei Ordner voller Briefe gefunden, die ich ihr seit 1972 geschrieben hatte. Ich durfte sie haben und sie sind mit so vielen Erinnerungen verbunden, aber auch längst vergessenen Ereignissen. Ein paar Episoden möchte ich gerne in lockerer Folge hier teilen.
Am 22.10.1984 schrieb ich meiner Freundin: „Heute früh kam von Frau Garabelli ein Eilbrief. Es sind alle Hunde krank, vier Collies gestorben. Sie haben von Merck ein Präparat zur Entwurmung bekommen, das in Italien Hunden gespritzt wird, aber eigentlich für Großtiere gedacht ist. Dr. Sharon Vanderlip hat nun innerhalb von 3 Stunden per Telefon (aus den USA) eine Therapie gefunden und die Hunde retten können. Die Dackel haben nichts abbekommen. Die blue merle Collies auch nicht, nur die Sable und Tricolour. Nun soll ich das in der Collie Revue veröffentlichen.“
Es ist 41 Jahre her, dass dieses grausame Schicksal in der berühmten Zuchtstätte di Cambiano zuschlug. Soweit ich mich erinnere hat der Tierarzt damals große Jagdhundezwinger mit diesem Präparat erfolgreich entwurmt. Allerdings war es für Großvieh und nicht für Hunde zugelassen. Warum aber starben einige Collies? Dr. Vanderlip brachte das damals schon mit der Bluthirnschranke in Verbindung, wir berichteten in der Collie Revue. Es sollte noch gut 20 Jahre dauern bis der MDR1 Defekt beim Collie und verwandten Rassen erkannt und testbar wurde. Die Collie Revue berichtete ausführlich darüber und unterstützte die Arbeit der Uni Gießen bei der Forschung am Collie. Sehr zum Unmut vieler Züchter, nachdem durch die zunächst kostenlosen Tests der Uni Gießen rasch klar wurde, dass der Defekt stark in der Population verbreitet war und es nur ganz wenige nicht betroffene Collies gab.
Obwohl der Gendefekt eindeutig per Gentest festzustellen ist, müssen bis heute Zuchttiere in den VDH-Rassezuchtvereinen zwar vor der Zuchtzulassung untersucht werden, aber es bestehen keine Einschränkungen weiterhin Collies zu züchten, die von der Mutation betroffen sind und nach wie vor in potentieller Lebensgefahr schweben… denn es gibt, entgegen häufig geäußerter Meinung, nicht in jedem Fall ein Alternativpräparat (z.B. einige Antibiotika und Chemotherapien), ganz zu schweigen von den weiteren Auswirkungen durch defekte Blutschranken in anderen Organen und dazu kommend Probleme mit dem Cortisolspiegel usw. Dies könnte durchaus als tierschutzrelevant betrachtet werden und abgesehen von den Leiden, Schmerzen oder Schäden eines verkauften Hundes den Züchter teuer zu stehen kommen, der den Defekt hätte vermeiden können. Tatsächlich ist die Zahl der Würfe, in denen -/- Welpen fallen können, stark zurückgegangen, von 37% in 2014 auf 10% in 2024 in einem der beiden VDH-Zuchtvereine.