
Streiflichter von Eva-Maria Krämer
Collie Revue Nr. 67 – März 1994
Niemals hätte Hermann Steinbrink geahnt, welchen Einfluss seine geliebten Collies auf die Zucht heute noch haben. Kaum eine Ahnentafel von Züchtern, die eher dem klassischen Typ mit etwas amerikanischem Einschlag folgen, die nicht einen Schönebecker Schweiz Collie ausweist. Ich habe sehr bedauert, dass die Zucht letztlich zugunsten der Shelties nicht weitergeführt wurde. Aber alles im Leben hat seine Zeit. Der letzte Colliewurf wurde 1996 eingetragen – das ist nun auch schon wieder fast 30 Jahre her!

Hermann war ein Urgestein aus dem Ruhrpott. Er sprach immer offen aus, was ihm am Herzen lag. Nicht immer bequem, aber immer ehrlich. Als „alter“ Gebrauchshundemann lag ihm besonders das Wesen der Collies am Herzen, es mussten nicht alles Schutzhunde sein, aber brauchbare, alltagstaugliche Hunde. Englisch-amerikanisch war für ihn von untergeordneter Bedeutung, Hauptsache der Hund passte und entsprach seinen Vorstellungen. Seine Frau Margrit und er investierten auch ordentlich in ihre Colliezucht, aber der Traumrüde aus den USA erwies sich leider nach zwei Würfen als unfruchtbar.

Collies von der Schönebecker Schweiz stehen heute noch hinter vielen Zuchten europaweit. Ich konnte über das Collie Breed Archive bis heute Black Gilmo in mehreren Linien in Schweden und Dänemark, Cheryl in Deutschland, Niederlande, Schweiz, Xoro Schweden, Tschechische Republik, Deutschland, Ninotschka in vielen Zwingern europaweit nachverfolgen. Das können nicht viele Züchter aus der Zeit von sich behaupten.
Es ist schön, wenn wir die Namen in den Ahnentafeln, auch wenn sie weit zurück liegen, mit Leben erfüllen können.
Hermanns Geschichte
Am 24.1.1964 erblickte der A-Wurf von der Schönebecker Schweiz das Licht der Welt. Hermann Steinbrink – damals noch Junior – war mit Mischlingshunden aufgewachsen. Als seine Eltern ein eigenes Haus bauten, ging damit das Versprechen einher, dass er dort einen reinrassigen Hund haben durfte. Als Hermann Colliewelpen annonciert sah, machte er sich auf den Weg. Caline sollte sein künftiges Leben prägen. Sie war zwar keine Schönheit von Collie, sondern vom typischen alten holländischen Lassie-Typ. Natürlich hieß sie auch Lassie! Sie war ein Kofferraum-Kauf auf einem Parkplatz, hatte aber eine anerkannte FCI-Ahnentafel. (Anmerkung: Damals gab es in den Niederlanden den „alten Lassietyp“, erst in den 1960er Jahren erfolgte ein Angleich mit Importen aus dem Mutterland an den englischen Standard. Das war wohl auch in Dänemark der Fall, denn es kamen aus diesen Ländern, offenbar aus Massenzuchten, die Hunde, die man beim Hundehändler und per Großversandhauskatalog kaufen konnte. Alle hatten FCI-Ahnentafeln und konnten in die Zucht, weil man Hündinnen, egal wie sie aussahen, einen Wurf zugestand. Philosophie des Clubs für britische Hütehunde war damals: Ein Wurf tut keinem weh…, will derjenige aber weiter züchten, kommt er nicht darum herum sich eine gute Hündin zu kaufen und man hat letztlich keinen verprellt, sondern in den eigenen Reihen gehalten. Und das Deckgeld nahm man auch gerne mit… tatsächlich stammen aus diesen Reihen viele, wenn nicht sogar die meisten der späteren bekannten Züchter.)

Lassie wurde am 1.1.1961 geboren. Hermann Steinbrink legte mit ihr – er war damals zwölf Jahre alt – am 23.9.1962, die Schutzhundprüfung I (SchHI) ab und kam sogar auf Platz 2 aller Prüflinge. Lassie wurde zur Collie-Legende. Sie bestand mehrmals die SchH III, FH und so weiter und führte Hermann zum silbernen Hundeführer-Sportabzeichen. Mit Unterstützung seiner Eltern wurde 1963 Zwingerschutz beantragt und Lassie auf Anraten des Landesgruppen-Vorsitzenden von einem englischen Import-Rüden gedeckt, offenbar das Beste, das es damals in der Nähe gab: September Lad from Shiel. Aus diesem Wurf behielt er Alf von der Schönebecker Schweiz, mit dem er es bis zur SchH II schaffte. Hermann hatte sich schon in jungen Jahren hohes Ansehen in Ausbilderkreisen erworben und bildete neben seinen eigenen Collies Boxer aus, was gar nicht so einfach ist. So wurde Hermann denn bald Ausbildungswart des Clubs für britische Hunde, und da begann unsere Freundschaft. Da ich mit meiner Orissa gerade die Ausbildung begann, führten wir eine rege Korrespondenz. Hermann hat mir versprochen, sobald wir in Rente sind, die alten Briefe hervor zu kramen… Ich erinnere mich nur noch, dass er immer zeitnah ausführlich antwortete. Persönlich lernte ich ihn 1967 in Kierspe anlässlich einer Club-Prüfung kennen, wo neben Caline solch illustre Colliepersönlichkeiten an den Start gingen wie Ali vom Haus Weber, SchH III, auch für heutige Begriffe ein wunderschöner, stattlicher Collie und Afra von der Deilbachmühle, beide im Besitz von Clemens Weber – und MaIsa von Berlepsch führte noch ganz jung ihren später berühmten Aechmea von Clematis SchH III zur ersten Prüfung, wo er glatt durchfiel. Ich erinnere mich noch, dass wir alle am Helfer verzweifelten und MaIsa sehr unglücklich war, weil Achi nicht hatte beißen wollen. Nach der Prüfung stieg Hermann in den Helferanzug, und Achi machte einen prüfungsreifen Schutzdienst.

Lassie hatte später einen Wurf nach ihrem Sohn Alf, aus dem Hermann die Baroness von der Schönebecker Schweiz behielt. Lassie prägte nicht nur den Lebensweg von Hermann, sondern sie spielt auch Glücksfee in seinem Leben. Im Alter von fast zehn Jahren, noch topfit, begann Hermann mit ihr auf die rückgestufte SchH I ohne Kletterwand zu arbeiten. Beim Hürdensprung jedoch riss eine Achillessehne. „Koste es was es wolle“, so Hermann Steinbrink Senior – der Junior studierte noch – „der Hund wird repariert“. In der berühmten Tierklinik am Kaiserberg wurde Lassie operiert – und bei der Gelegenheit lernte Hermann seine künftige Frau Margrit kennen, eine ebenfalls engagierte Hundessportlerin.

Foto: Tebartz van -Elst
Die Zucht beginnt
Zur damaligen Zeit befanden sich die Collies, was das Wesen betrifft, in desolatem Zustand. Man hatte wirklich keine Wahl der Schönheit, wenn man sichergehen wollte, den Käufern einen brauchbaren Haus- und Familienhund zu liefern. Für Hermann kam dann auch für die Weiterzucht, nur ein wesensmäßig astreiner Hund infrage, der möglichst beste Schutzhund-Veranlagung besaß. Leider hatte der Auserwählte wenig Ambitionen, da kein routinierter Deckrüde. Hermann rief mich von unterwegs aus an und fragte um Rat. Ich empfahl ihm den neuen amerikanischen Importrüden, auf dem all‘ unsere Hoffnungen zu gesunden, wesensfesten Collies ruhten, Romulus of Heather, der Familie Regner, Collies von der Wielandsschmiede, die auch bereit war, auf die Schnelle Hermann und Baroness zu empfangen.

Das war ein weiterer, wesentlicher Schritt für Hermann und Margrit Steinbrink, denn von nun an hatten sie sich den amerikanischen Collies verschrieben, weil sie ihnen im Wesen und Format das gaben, was sie sich von einem Collie wünschten. Ein Neubeginn war die rein amerikanische Roba von der Wielandsschmiede, eine ganz besondere Hundepersönlichkeit. Sie brachte mit Indian Creek Buffalo Hunter Golf von der Schönebecker Schweiz, SchH II, Vater von Xoro von der Schönebecker Schweiz, der auch von anderen Züchtern benutzt wurde und über seine Kinder und Kindeskinder in die deutsche Collie-Geschichte eingeht. Später kam ebenfalls ein Glücksfall: die amerikanische Ra-Wyns Hi Vu Hiflutin hinzu. Vor etwa 20 Jahren eroberte die süße kleine Sheltie Hündin „Kakeline“ wie wir sie nannten, Katja vom Watzenstein, die Steinbrinkschen Herzen. Seitdem sind die Shelties, auch vorwiegend amerikanischer Abstammung, aus dem Haushalt nicht mehr wegzudenken.
Steinbrinks waren stets nur Gelegenheitsaussteller. Trotz der langen Züchterlaufbahn sind keine Colliechampions nachzuweisen. Gefreut hat man sich über jede gute Bewertung, aber niemals haben die Steinbrink ihre Vorstellung vom Collie einer Anpassung an Ausstellungs-Trends geopfert. Ich finde es bezeichnend, wenn mir Hermann so ganz am Rande von einem „V“ oder einem „SG“ erzählt. Mit den Shelties gab es einige schöne Erfolge, jedoch jedes Mal begeistert berichtet er, dass wieder einmal Welpenkäufer angerufen haben und sich noch nach Jahren für einen ganz wundervollen einmaligen Collie oder Sheltie bedanken.
