
Die Wiedergeburt des Kurzhaar Collies
Viele Züchter widmeten ihr Leben der Hundezucht. Nur wenige können von sich sagen eine Rasse vor dem Aussterben bewahrt und den Grundstock für die heutige Zucht gelegt zu haben. Eine von diesen wenigen war Kay Alexander, deren Lebensgeschichte Roy Baker anlässlich der Crufts 1986 in der Dog World niederschrieb. Da Miss Dundas-Mouat finanziell unabhängig war, ließen die beiden Damen ihre Hunde von den besten Hundefotografen ihrer Zeit ablichten und es ist mir eine große Ehre, dass mir Kay Alexander großzügig Originalfotos überlassen hat. Die genannten Hunde finden Sie direkt verlinkt ins Collie Breed Archiv.
Schwere Nachkriegszeit
1951 war ein trübes Jahr. Obwohl das Kriegsende schon sechs Jahre zurück lag wurden noch immer Lebensmittel rationiert, die politische Stimmung war auf dem Nullpunkt und der König krank. In einer Zeit, in der die Bevölkerung Großbritanniens dem Normalzustand entgegen strebte befand sich auch der Kurzhaar Collie in einer schweren Krise. Kaum hatte sich die Rasse vom 1. Weltkrieg erholt als der 2. ausbrach. Züchter mussten aufgeben oder fielen im Kampf, Zuchttiere wurden alt und starben. Durch ein Schreiben des Kennel Club ermutigt, hatte Zoe Rhys ein paar Zuchttiere auf ihrer Farm in Hughley, Shropshire, retten können. Mit einiger Mühe war es ihr gelungen, Hewburn Sensation von Barth Hewison zu erwerben. Er hatte es mithilfe seiner Nachbarn geschafft, neben seinen Langhaar Collies immer ein paar Kurzhaars durchzufüttern und sogar einen Wurf gezüchtet mit einem seiner Langhaar Rüden und der Kurzhaar Hündin Redevalley Rosamund. Daraus hatte er einen Hündinnenwelpen behalten, Redevalley Rosaline. Lady Kitty Riston unterstützte die Rasse eine Weile tatkräftig. Eine nette Anekdote berichtete, dass Lady Kitty, aufwändig mit Straußenfedern geschmückt, auf der Richmond Show 1950 mit ihren beiden Blue Merles Wychelms Blue Madalin und Louise of Test nicht eingelassen werden sollte, weil man die Hunde für Mischlinge hielt.

Todgeweiht zum Lebensbrunnen
Als Miss Phyllis Grey eines kalten Aprilmorgens in ihren Zwinger schaute und die Glocken von Barnard Castle herüber tönten, mag es ihr wie Totengeläut erschienen sein, denn zwischen ihren berühmten Ladypark Langhaar Collies lief eine blue merle Kurzhaarhündin mit: Redevalley Rosita of Ladypark. In einem letzten Aufbäumen die Rasse zu retten, hatten die unermüdlichen Foster-Brüder einen Wurf gezüchtet mit der jungen Rosaline und dem einzigen Kurzhaar-Deckrüden, der damals zur Verfügung stand: Ch. Grangetown Blue Prince. Sie versuchten einige Langhaar Züchter zu überreden, einen Kurzhaar hinzuzunehmen. Miss Grey besah sich die Hündin eine Weile, wie schon einige Male zuvor in den vergangenen Wochen, dann setzte sie sich an ihren Schreibtisch und ergriff eine Postkarte. Dieser Schritt sollte Konsequenzen haben, die weit über das hinausgingen, das sich jemals vorstellen konnte. Damals glich die Kurzhaar-Szene einem winzigen, stillen Teich. Sie warf einen Stein, der einen lebenslangen Springbrunnen öffnete. Sie schrieb: „Wenn Sie Gussie noch immer haben wollen, holen Sie sie. Ansonsten lasse ich sie einschläfern. Sie passt nicht zwischen meine Langhaars.“ Sie drehte die Karte um und schrieb die Adresse darauf: Elizabeth Dundas-Mouat und Mrs. Kay Alexander.
Ein ungleiches Paar
Die Empfänger der Postkarte waren auf den ersten Blick ein ungleiches Paar. Elizabeth Dundas-Mouat war kurz vorher von der Armee pensioniert worden. Sie entstammte einer wohlhabenden Familie und war finanziell unabhängig. Kay Alexander war gerade aus dem Süden des Landes gen Norden gezogen. Sie war eine leidenschaftliche Balleteuse. Elizabeth stellte Großpudel aus und Kay Collies. Bekannt wurde ihr reserve CC-Sieger Merrion Blue Peter. Aus seinem Namen wurde letztlich der Zwingername Peterblue. Beide hatten die junge Kurzhaarhündin auf einigen örtlichen Schauen gesehen und waren von ihrer elfengleichen Erscheinung begeistert. Doch sie waren niemals ernsthaft an ihrem Besitz interessiert. Sie zögerten keine Minute und schickten sofort ein Telegramm an Miss Grey, dass sie die Hündin haben wollten.

Es geht bergab
Das Ausstellen von Kurzhaar Collies war uninteressant: 1950 – 10 pro Show; 1951 – 8, 1952 – 9. Auch die Eintragungen fielen. Der Kennel Club schlug Alarm und entzog der Rasse die CCs. Dennoch machten sich die beiden Damen, die im ersten Jahr 1 CC mit ihrer Gussie errungen hatten, daran einen Wurf zu züchten. Sie benutzten ihren Langhaar-Rüden Merrion Blue Peter. Ein Welpe wurde später Ch. Peterblue Dougald. Sie suchten bei Bart Hewison Rat für die weitere Zucht. Da er vermutete, dass die Hündin reinerbig Kurzhaar war, empfahl er noch einmal einen langhaarigen Rüden: Hewburn Liquorice of Ladypark. Der Wurf brachte 6 Welpen, alle kurzhaarig. Vier wurden Champions. Patricia blieb zu Hause, Philippa ging zu Arnold Clough, einem Freund der Kurzhaars seit vor dem Krieg. Scallop ging zu Mrs. Renton und die berühmteste des Wurf Susan an Mrs. Joan Hill, wo sie eine Dynastie begründen sollte.
Gussies dritter Wurf, ebenfalls nach dem Liquorice, brachte Ch. Peterblue Heatherette und den zweifachen CC Sieger Peterblue Callum, der leider vor seinem zweiten Lebensjahr erkrankte und starb. Der Kennel Club vergab auf das Einwirken von Mr. Farrington, Wythenshaw-Kurzhaars hin und wieder CCs und 1954 wurde Redevalley Rosita of Ladypark zum Champion gekürt. 1955 gewann Dougald das erste CC für seinen Zwinger, 1956 gab es den ersten Peterblue Champion, Arnold Cloughs Peterblue Philippa.
Beginn einer neuen Ära
Dies war in der Tat der Beginn einer neuen Ära. 30 Jahre ungebrochene Erfolg, der Name Peterblue wurde in einem Atemzug mit Kurzhaar-Collie genannt. 1979 sah den 25. Champion und das 100. CC für die Züchter. Es muss allerdings klar herausgestellt werden, dass die Bedeutung der Peterblues nicht in der Anzahl der gewonnenen CCs zu suchen ist, sondern in der Weise wie der Wiederaufbau der Rasse gefördert wurde.
1966 gab es einen netten Briefwechsel in der Dog World, nachdem Tom Purvis, selbst ein bekannter Kurzhaar-Züchter (Danvis Collies), Taynham Peterblue Mariana ein CC gegeben hatte. Sie gehörte Mister und Mrs. Roper. In seinem Bericht vermerkte er: „Ich kann nicht verstehen, wie ein Züchter solch eine exquisiten Hund abgeben kann.“ Elizabeth antwortete umgehend, es sei in der Tat nicht die Politik bei Peterblue die besten Hunde nur für sich zu behalten. Das war auch wirklich der Fall. Die wahre Größe der Peterblue Partnerinnen lag darin, Spitzenhunde an andere Freunde der Rasse abzugeben, damit sie eine eigene Linie gründen konnten.
Aufbauarbeit
Ein gutes Beispiel ist der Cotsbelle-Zwinger von Mrs. Betty Hodgetts, die auf Ch. Peterblue Love in the Mist aufbaute. Eine weitere großartige Stammhündin war Ch. Peterblue Susan. Susan entstammte dem erfolgreichen zweiten Wurf von Rosita. Joan Hill kaufte sie, in deren Hand sie 5 CCs und 40 Rassebeste gewann. Sie gründete die Selskars-Linie, die selbst viele Champions hervorbrachte. Bekannt sind Ch. Selskar Blue Tarn im Besitz von Christine Leach, Ch. Selskars Gay Solo, Mrs. Taylors Ch. Crossfields Selskars Soldanella und Mr. und Mrs. Savilles Selkars Soldanora, eine vorzügliche tricolour Hündin, die 18 CCs gewann. Zweifellos hätten die Selskars mehr Champions hervorbringen können, wenn sich Joan Hill nicht dem Aufbau einer sable Linie gewidmet hätte, eine zeitraubende Aufgabe, die nur von wenigen Züchtern begrüßt wurde. Aus der Linie, die Susan begründete, stammen die Crossfells von Mrs. Taylor, die Chicnoirs von Pam Hindes, die Treewooods von Mister und Mrs. Grantley, die Dancerwoods von Mrs. White.
Keine Kurzhaar-Langhaar-Verbindungen mehr
Nachdem es nicht mehr nötig war, langhaarige Deckrüden zu benutzen, beschlossen die Partnerinnen, sich an die alte Schule der Kurzhaar-Züchter zu halten und nunmehr nur noch kurzhaarig mit kurzhaarig zu verpaaren, um den Rassetyp nicht zu verlieren. Das Ergebnis war eine Linie, absolut rein für ihren Typ, so dass man noch heute den jüngsten Peterblue Champion Robyn anzusehen braucht, um Gussie wieder zu erkennen. Die immense Bedeutung dieser Entscheidung kann nicht überschätzt werden. Sie garantierte die Erhaltung des Typs und bedeutete für mehr experimentierfreudige Züchter, dass sie jederzeit auf eine Quelle zurückgreifen konnten, wenn sie in Gefahr waren, den Rassetyp zu verlieren.
Aufbau der sable Linie mit Langhaar
Ein Beispiel: Die Wiedererlangung des sable Farbschlages bedurfte der Kreuzung mit langhaarigen Collies, denn beim Kurzhaar war sie nicht mehr im Erbgut vorhanden. Pionier auf diesem Gebiet war Miss Margaret Osborne, die in den fünfziger Jahren Sparrow from Shiel und Sable King from Shiel züchtete. Dies war ein Prozess, der letztlich dazu führte, dass die Haarstruktur und der Typ bei den daraus entstanden Kurzhaars verloren ging. Entsprechend entschlossen sich Brenda und Brian Trundley, ihre tricolour Hündin Dancerwood My Solo, die stark sable gezüchtet war, von dem blauen Rüden Peterblue Nigel decken zu lassen. Es war ein Meisterstück und erwies sich als eine der bedeutendsten Paarungen nach dem Krieg. In diesem Wurf waren Ch. Treewood Black King und die blaue Hündin Treewood Silver Delight, die zwei CCS und Reserve der Arbeitsgruppe der LKA in 1974 errang, ehe sie durch einen Autounfall ums Leben kam. Die große Ernte des Besuches bei Nigel kam jedoch, als Ch. Treewood Black King Ch. Dancerwood Freelance deckte, die selbst von einem Langhaarrüden und einer Kurzhaarhündin abstammte. Die Paarung wurde einige Male wiederholt und brachte Ch. Dancerwood Bewitched of Astrellita, Stammhündin von Stella Clarks bekanntem Zwinger, Ch. Dancerwood Crown Jewel, Stammhündin des Sylbeq-Zwingers von Roy Baker und seinem Partner Mike Vincent und Mrs. Whites Ch. Dancerwood Gems Cynget, vier Generation in direkter Champion-Rüden-Linie zu Ch. Peterblue Leader.
Weisheit – Vernunft – Zielstrebigkeit – Fleiß
Nach dem Tod von Miss Dundas-Mouat 1967 verließ sich Kay Alexander mehr und mehr auf die junge Kay Whitton, die seit ihrem zwölften Lebensjahr den beiden alten Damen mit den Hunden half. Kay schenkte ihr zu ihrem 21. Geburtstag einen unabhängigen Anteil am Peterblue-Namen, aber die junge Kay starb 1983. Kay Alexander selbst erlitt 1985 einen Schlaganfall – einen kleinen, wie sie immer beteuerte. Auf Anraten des Arztes war sie gezwungen die Anzahl ihrer Hunde bis auf acht zu reduzieren. Ihre damalige Partnerin, Mrs. Shirley Toothill, Aberhill Langhaar-Collies, empfahl ihr zu ihr weiter in den Süden zu ziehen, aber Kay weigerte sich strickt. Auf den Wiesen, die den Bungalow in der Stumps Lane umgeben, der so beliebt war bei unzähligen Freunden der Rasse, liegen ihre Hundechampions und Begleiter der letzten 35 Jahre begraben. Trotz der Abgeschiedenheit, trotz der Winter, die sie hasste, trotz der oft gefrorenen Wasserleitungen, die sie zwangen, durch den tiefen Schnee zum Brunnen zu stapfen, trotz der Einsamkeit, trotz des täglichen Durcharbeitens durch den beißenden Wind zu den Zwingern – und das bis ins hohe Alter von 80 Jahren – wollte sie nicht gehen. Es mag in unserer aufgeklärten Zeit altmodisch klingen Tugenden wie Weisheit, Vernunft, Zielstrebigkeit und Fleiß zu nennen Doch gerade diese Qualitäten schufen die Legende von Peterblue und garantieren, dass der Name Alexander nie vergessen wird, solange es Kurzhaar-Collies gibt. Wer Anne Davies 1985 beim Richten der 88 Kurzhaar-Collies auf der LKA Championship Show zusehen konnte, sah die Früchte von Fleiß und Zielstrebigkeit. Der Kurzhaar-Collie war 90 Jahre lang das Aschenputtel der einheimischen britischen Rassen. Endlich stieg er heraus aus dem Nichts und erschien im Ballsaal, empfangen mit Applaus, umgeben von Bewunderern. Vielen ist dieser Aufstieg zu verdanken. Aber lassen wir keine Zweifel aufkommen, auch wenn Kay Alexander selbst diesem Spektakel nicht beiwohnen konnte, war sie es alleine, die die Wandlung einleitete und ein Märchen wahr machte.