Neue Wege in der Hundezucht – Flandern in EU voran

Dass etwas getan werden muss steht schon seit vielen Jahren fest. Seit 20 Jahren haben wir Qualzucht im Tierschutzgesetz, das Umsetzen war eine andere Sache und nach anfänglichen Auswüchsen verlief sich alles im Sande… und kochte es hoch und die Novelle verläuft sich angesichts der Regierungskrise vermutlich wieder im Sande. Der VDH als Dachverband für die deutsche Rassehundezucht unter der internationalen Dachgesellschaft FCI reagierte vor Jahren schon und schloß den Zuchtverein englischer Bulldoggen aus, weil sie nicht bereit waren, irgendetwas zu tun. 

Strenge Auflagen im VDH

Die Rassehundezucht unter dem VDH wird streng reguliert von Vereinen. In deren Händen liegt die Zuchtverantwortung im Rahmen des VDH, der wiederum von seinen Mitgliedern, den Vereinen, gesteckt wurde. Mit Auflagen zum Schutz der Zuchttiere, zum Erhalt des Rassetyps usw. usw. Mit allen Nachteilen, die Vereinsmeierei so mit sich bringt. Trotz demokratischer Wahlen spielt Parteipolitik auch hier wie sonst im Leben eine Rolle. 

Nachkriegserbe

Die Rassezuchtvereine schlossen sich 1949 zum VDH zusammen, um gemeinsam das Hundewesen wieder aufzubauen. Das machten schon damals nicht alle Züchter mit. 

Jahrzehnte der Massenzucht und des Hundehandels

Mit Beginn des Rassehundeboom in den 1960er Jahren, konnten die organisierten Züchter – wie heute – die Nachfrage nicht decken. Massenvermehrer und Hundehandel blühten. Bauern stellten ihre Betriebe in lukrative Hundezuchtstätten um. Hunde wurden aus Holland und Dänemark importiert, im Quelle-Katalog angeboten und per Bahn versandt. Kamen die Hunde aus Holland oder Dänemark, hatten sie FCI-Papiere. Mit der Öffnung der Ostgrenzen in der EU begann der unselige Strom der unkontrollierten Importe. Der Collie scheint glücklicherweise nicht oder nicht nennenswert auf, während der früher ein Hauptbestandteil des Handels war. 

Hunde mit „Papieren“

Massenzüchter und Hundehändler mussten sich etwas einfallen lassen, denn wer gutes Geld für einen Welpen haben wollte, musste Papiere liefern. Papiere war das Zauberwort – die Käufer hatten zwar keine Vorstellung davon, was das bedeutete, aber Papiere garantierten  den reinrassigen Hund. Das war natürlich kein Problem, man gründete Vereine, deren Zweck nur das Ausstellen von Ahnentafeln war, ohne jegliche Kontrolle. Damals – wie es heute ist weiß ich nicht – waren die Hunde z.T. erfunden, Namen zusammengetragen aus Ausstellungskatalogen etc.  Aufgrund mangelnder Nachvollziehbarkeit (keine Zuchtbücher etc.) konnte der VDH diese Ahnentafeln nicht anerkennen, aber auch nicht, weil der Handel in keinster Weise unterstützt werden sollte.

Registerzucht

Der Club für britische Hütehunde registrierte diese Hunde und gab sie meist für einen Wurf zur Zucht frei. Der Gedanke war: Wird jemand abgelehnt, weil sein wunderschöner geliebter Hund nicht die richtigen Papiere hat und nicht aussieht wie er soll, wird er so vor den Kopf gestoßen, dass er gar nicht mehr züchten will oder sich an die Vereinsadresse auf der Ahnentafel der Mutter wendet. In jedem Falle wollte man die Leute an den Club binden. Sollte sich aus diesem einen Wurf eine Züchterseele entwickeln, so wird derjenige schnell einsehen, dass er nur weiterkommt, wenn er eine Hündin aus anerkannter Zucht zukauft. Bleibt es bei dem einen Wurf, so ist auch nicht viel kaputt gemacht. So begannen viele bekannte und erfolgreiche Collie-Züchter.

Vereine lehnen Registerzucht ab

Inzwischen muss der VDH die Registerzucht oder gar die Eintragung ins Zuchtbuch erlauben, aber die Vereine können und müssen nicht.  Einige wollen nicht, z.B. die den Collie betreuenden Vereine. So hat sich im Laufe der Jahre beim Collie eine breite Population außerhalb des VDH entwickelt. Leider. 

Die deutschen Vereine regulieren jedes kleine Detail und machen strenge Auflagen. Das passt nicht jedem und macht ihn deshalb nicht zu einem schlechteren Menschen oder Züchter… 

Wie sieht das nun im Ausland aus?

Wir importieren wertvolle Zuchttiere aus Großbritannien und den USA, wo es so gut wie keine Regeln gibt. Was mag da wohl in Russland abverlangt werden? Nach Kennel Club Richtlinien darf eine Hündin nicht mehr als 2 Kaiserschnitte, nicht mehr als 4 Würfe haben, nicht jünger als 1 Jahr und nicht älter als 8 Jahre sein. Welpen aus Vater-Tochter-, Mutter-Sohn- und Vollgeschwisterverpaarungen werden nicht eingetragen. 

Beim American Kennel Club gibt es gar nichts außer einem DNA Fingerprint von Rüden, die mehr als 7 Deckakte im Leben oder 3 in einem Jahr haben. 

Man reicht online seine Daten ein, unterschreibt die Richtigkeit der Angaben und bekommt gegen eine Gebühr seine Ahnentafeln. Man überlässt den Züchtern die Verantwortung was Standard und Gesundheit betrifft. Daher konnten sich in den USA bei manchen Rassen z.B. Farbschläge erhalten, wie beim Weißen Schweizer Schäferhund.

Neue Wege in Flandern

In Flandern, Belgien, geht man ab dem 1.1.25 neue Wege, und das könnte richtungsweisend für die gesamte EU sein. Flandern ist zwar nur ein Teil eines kleinen Landes, vielleicht zieht die Wallonie nach. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Die Hundezucht wird dort nun Sache der Behörden. Um dem Tierschutzgesetz Rechnung zu tragen und das Tierwohl an erste Stelle zu stellen, wird pro Rasse ein Zuchtprogramm (Übersetzungsfunktion) erstellt, entweder wird das vom Rassezuchtverein anerkannt oder die Behörde erstellt es selbst. Diese Zuchtprogramme legen fest, welche gesundheitlichen Untersuchungen und Gentests verpflichtend vorzuweisen sind oder lediglich empfohlen werden. Auch wird der Inzuchtgrad geregelt, und ein DNA Fingerprint ist vorzulegen. Jeder Hund braucht eine DogID-Nummer. Lässt man einen Wurf eintragen, wird die Zuchtbuchnummer einer Rassedatenbank eines Vereins, und eine Identifikationsnummer eingetragen. Jetzt kommt’s: Für die Vorfahren braucht man nur die ID-Nummer mindestens in der 1. Generation (Eltern).

Keine Rücksicht auf Vereine

Zuchtbuchverbände müssen vom zuständigen Ministerium anerkannt sein. Ein Verein darf Züchter nicht verpflichten Mitglied zu werden und nicht verbieten an Ausstellungen, Wettbewerben usw. teilzunehmen, wenn die Tiere in einem anderen Zuchtbuch eingetragen sind. Der direkte Link zu den Regelungen ist wirklich lesenswert. 

D.h. jeder Züchter muss quasi eine Lizenz beantragen, seine Hunde mit der ID-Nummer ausstatten und bekommt nur Ahnentafeln, wenn er die speziellen Anforderungen der Rasse erfüllt. 

Interessant ist dabei, dass die Behörde keine Rücksicht nimmt auf „übergeordnete“ Vereine, wie z.B. die FCI. Sie wird nicht namentlich genannt, aber nicht FCI anerkannte Ahnentafeln müssen anerkannt und die Hunde gleichwertig in Show und Sport behandelt werden, somit fließen alle in den Genpool einer Rasse ein. Das ist das Ziel, in der Hoffnung, etwas für die Diversität und die Gesundheit der Rassehunde zu tun. 

Schönheit und Leistungsqualitäten bleiben den Züchtern in Eigenverantwortung überlassen. So wie das in allen anderen Ländern außer Deutschland auch ist. 

Man wird sehen, wie das in der Praxis läuft.