
Trefoil bis Ch. Christopher
Wie in der Pferdezucht gibt es auch in der Colliezucht Rüden-und Hündinnen-Abstammungslinien. Heute gibt es nur noch eine einzige Rüdenlinie oder Vaterlinie, auf die alle erfolgreichen Collies zurückgehen. Eine direkte Vaterlinie geht vom Vater auf den Sohn und weiter.
Rüden können theoretisch unbegrenzt Nachwuchs zeugen. Ganze Inzuchtstämme werden auf einem erfolgreichen Vererber aufgebaut. Egal, wie gut eine Hündin ist, die Anzahl ihrer Kinder ist begrenzt und somit auch der unmittelbare Einfluss auf die Rasse.

Es wird Sie verwundern, dass der berühmte Old Cockie, der allgemein als der Begründer des modernen Collies gilt, nicht an der Spitze der Pyramide steht – tatsächlich hatte er viele wertvolle Töchter, aber keinen Sohn, von dem eine Abstammungsfolge hätte abgeleitet werden können. Als Stammvater betrachten wir Trefoil, der mit Töchtern von Old Cockie die Entwicklung des modernen Collies ins Rollen gebracht hat. Wir beenden die Rüdenlinie mit Dazzler of Dunsinane, der die Colliezucht nach dem Krieg wesentlich beeinflusste.
Wir stellen hier die Rüdenlinie vor, die Margaret Osborne in ihrer in den 1950ern in Handarbeit erstellten Broschüre „Collie Lines and Families“ erarbeitet hat und fassen über die einzelnen Rüden zusammen, was Zeitgenossen und Augenzeugen über die Hunde geschrieben haben.

Die Rüdenlinie
(Das Geburtsjahr nach dem Komma)
Trefoil, 1873
Ch. Charlemagne, 1879
Sefton, 1884
Ch. Metchley Wonder, 1886
Ch. Christopher, 1887
Ch. Stracathro Ralph, 1888
Heather Ralph, 1891
Ch. Ormskirk Emerald, 1894
Ormskirk Galopin, 1896
Ch. Heacham Galopin, 1897
Ch. Wishaw Clinker, 1898
Ch. Balgreggie Baronet, 1901
Ch. Squire of Tytton, 1904
Seedley Squire, 1905
Ch. Seedley Superior, 1906
Clarksfield Superior, 1909
Tonge Admiration, 1910
Ch. Magnet, 1912
Ch. Poplar Perfection, 1916
Ch. Eden Emerald, 1921
Eden Educator, 1923
Eden Extreme, 1925
Ch. Glenack Kingfisher, 1927
Beulah’s Nightshadowing, 1932
Ch. Beulah’s Silver Don Mario, 1938
Lyncliffe Lancer, 1940
Eden Examine, 1944
Abbot of Arranbeck, 1948
Dunsinane Alaric of Arranbeck, 1953
Ch. Defender of Dunsinane, 1955
Ch. Dorgano Demander of Dunsinane, 1959
Dazzler of Dunsinane, 1962
Trefoil, 1873
Der tricolour Rüde wurde auf dem irischen Landsitz des Begründers und Präsidenten des Kennel Club, Mr. S. E. Shirley, geboren. Seine Mutter gehörte dem Schäfer seines Gutes. Trefoil war ein berühmter Ausstellungshund und verdient höchste Ehre als Zuchthund, auf den alle Collies heute zurückgehen. Er war von schöner Gesamterscheinung mit recht gutem Kopf und Auge sowie gut getragenen Ohren. Sein Wesen war fröhlich und angenehm, bestechend und seinerzeit sehr begehrt sein überlanges Haarkleid, das bis auf den Boden reichte. Daß es weniger dicht und wetterresistent war, störte die damaligen Züchter wenig.
Ch. Charlemagne, 1879
Sein Züchter war der bekannte Mr. Bissell, der seine Hündin Maude, eine Tochter von Old Cockie, von Trefoil hatte belegen lassen. Rawdon Lee, ein Zeitgenosse und Kenner beschreibt ihn 1890 in seinem Buch als hellen sable und weißen Rüden mit wundervoll angesetzten und getragenen Ohren, dichtem glatten Haar von vorzüglicher Beschaffenheit, gutem Knochenbau, Vorhand und Pfoten. Die Lenden dürften kräftiger und die Hinterhand weniger stark kuhhessig sein. Sein Ausdruck war klug und lieblich. 1880 bis 1884 war er ungeschlagener Ausstellungssieger. Als er 1885 von Ch. Rutland auf den 2. Platz verwiesen wurde, erschien er erst 1890 im Alter von 11 Jahren wieder auf einer Collie Club Show. Umringt von Zuschauern wie einst, präsentierte er sich leicht ergraut in alter Form – eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Er war seinem Großvater Old Cockie ähnlicher denn je. Nur sein Haar war für den modernen Geschmack etwas lockig geworden. Der Richter stellte ihn über alle Hunde und bezeichnete ihn bis auf das Gangwerk als noch immer den besten Collie.

Anmerkung: „stark kuhessig – müssen wir uns wundern, dass diese anatomische Fehlstellung heute noch oder wieder ein echtes Problem der Rasse ist und selbst bei Siegertieren, wie einst bei Trefoil, von den Richtern hingenommen wird.
Nach heutigen (1890!) Gesichtspunkten war der Kopf recht gut, nur besitzen unsere heutigen Collies wesentlich längere Köpfe mit ausgefüllterem Vorgesicht und weniger stark betontem Stop. Sein Kopf war eher kurz und tief, aber relativ flach im Oberschädel, zu einer Zeit, als runde, gewölbte Schädel vorherrschten. Er hatte gut anliegende Lefzen. Seine auch für heutige Begriffe hervorragenden Ohren trugen wesentlich zu seinem hübschen Gesichtsausdruck bei.
Anmerkung: Der letzte Absatz ist interessant, denn heute haben wir genau das Problem, dass die Köpfe bei den heute im Trend liegenden Hunde eben nicht lang und ausgefüllt sind und ein tiefer Stop für schön befunden wird. Die heutigen Köpfe im Trend sind wieder ein Rückschlag auf ersten Collies.
Sefton, 1884
Charlemagne’s Sohn war kein illustrer Vertreter seine Rasse, dennoch ein wichtiges Glied in der Abstammungsfolge. Als Junghund gewann er einen 1. Preis. Er war tricolour, schwer behaart, mit etwas schwerem Kopf, mittelmäßigen Ohren, niedrig auf den Beinen und besaß keine guten Läufe und Pfoten. Der gesamte Wurf seiner berühmten Mutter Ch. Madge war stark rachitisch, daher wahrscheinlich die Knochendeformationen.
Ch. Metchley Wonder, 1886
Nach den Kennel Clubregeln war Mr. Wheeler der Züchter, denn die Hündin Minnie gehörte zum Zeitpunkt des Wurfes ihm. Minnie wurde in seinem Auftrag auf einem Bauernhof aufgezogen. Mit 7 Monaten wurde sie heiß und heimlich von dem Rüden des Farmers, Sefton, belegt. Der junge Metchley Wonder wurde ohne das Wissen von Mr. Wheeler verkauft. Mehrmals fuhr Mr. Wheeler hinaus, die Hündin und der Hofherr waren aber nie zu Hause. Erst als der Rüde einige Monate bei seinem neuen Besitzer war, gelang es ihm, den Hund zu sehen. Er machte Furore, nicht nur als Ausstellungssieger, sondern auch als Zuchthund. Foto und Abstammung mütterlicherseits zeigen, daß er weiß-faktoriert war, d.h. daß er mit der entsprechend veranlagten Hündin ganz oder überwiegend weiße Nachkommen bringen konnte.

Von Metchley Wonder haben wir ganz genaue Angaben. Er wog 56 engl. Pfund, Schulterhöhe 60 cm, Länge der Schnauze von der Nasenspitze bis zum Stop 10 cm, vom Stop bis zum Hinterhauptbein 20 cm, vom Hinterhauptbein bis zum Rutenansatz 73,75 cm, Rutenlänge 47,5 cm, Brustumfang 62,5 cm, Kopfumfang 41,25 cm, Schnauzenumfang 22,5 cm, Umfang eines Vorderlaufes 21,25 cm.
Mr. Megson, der jeden Hund zu jedem Preis kaufte, bezahlte 530 Pfund (ca. 5.300 Euro) für den Rüden, zu einer Zeit, als das Pfund noch 24 Goldmark wert war. Zeitgenosse Rawdon Lee beschreibt ihn als hübschen Rüden, mittelgroß, ca. 55 Pfund schwer, an dem kaum ein Fehler zu finden sei. „Ein etwas breiterer Schädel würde seinen Ausdruck intelligenter machen!“ Er besitze vorzügliche Läufe und Pfoten, vorzüglichen Körperbau mit starker, muskulöser Hinterhand. Seine vielen Vorzüge machten ihn zu dem besten Vertreter der Rasse, der je ausgestellt wurde und er verspreche solche Berühmtheiten wie Old Cockie und Ch. Charlemagne als Vererber noch zu übertreffen. Man ist sich einig, daß sein Foto seine wirklichen Qualitäten nicht zum Ausdruck bringt.
Ch. Christopher, 1887
Er wurde am 16.4.1887 geboren. Züchter war der berühmte Rev. Hamilton. Christopher war gelb-weiß und besaß vorzüglich langes und dichtes Haar, vorzüglichen Kopf und Ausdruck. Alle Qualitäten vererbte er an seine Nachkommen. Ch. Christopher war der Modellzuchtrüde und seine Vorzüge dominant über alle Hündinnen, die er deckte. Andere Quellen berichten, daß er Mängel im Körperbau hatte und sogar die Ohren stellte! Außerdem sei er etwas kurzbeinig gewesen, doch der bis dato beste Kopf und Ausdruck übertrumpften seine Mängel bei weitem. Als er das erste Mal von seinem Züchter ausgestellt wurde, hatte er wenig Erfolg. Mr. Stretch, ebenfalls ein bekannter Züchter kaufte ihn für 60 Pfund (ca. 600 Euro). 1890 schreibt Rawdon Lee in seinem Buch The Collie or Sheepdog nur wenig über Ch. Christopher. Er bezeichnet ihn als einen der besten Collies seiner Zeit, nicht zu klein und nicht zu groß, mit einer Persönlichkeit, die auf einen klugen Hütehund schließen ließe, dazu habe er wundervoll gefärbtes Haar und seine Ohren seien sehr gut! Als er im Februar 1890 seinen Vater Ch. Metchley Wonder schlagen konnte, zog er die Aufmerksamkeit eines Mr. Harrison aus den USA auf sich, der ihn alsbald kaufte. 700 Pfund bar und zwei weitere Rüden waren sein Preis. Insgesamt machte das 1.000 Pfund (ca. 10.000 Euro), der höchste Preis, der jemals für einen Hund bezahlt wurde, mit Ausnahme eines Bernhardiners und einiger weniger Greyhounds.

Von Ch. Christopher stammen alle heutigen Collies ab. Er verhalf der Rasse zu einem großen Sprung vorwärts, was die Typverbesserung angeht. In The Complete Collie aus den USA heißt es allerdings, daß man seinen Fotos nach vermuten könnte, daß er mit zunehmendem Alter grob wurde – ein Phänomen, das bis heute noch nicht aus der Welt geschafft werden könnte.
Anmerkung: Auch hier: Kopf und Ausdruck waren wichtiger als sein Körperbau! Damals wie heute…
Quelle: Collie Revue Nr. 1 September und Nr. 2 Dezember 1977, Nr. 3 März 1978 Copyright EMK